In der Welt der Blumen ist alles eine Frage des Stils, findet Nicole Mauerer. Die 21-jährige Floristin erzählt über ihren Beruf "Wenn von Kunst die Rede ist, sprechen alle von Malern, Bildhauern oder Graphikern. Das ärgert mich. Denn ich finde, Floristen sind auch Künstler. Jeder Strauß ist ein Kunstwerk. Mit Blumen kann ich Gefühle ausdrücken. Ich habe das nicht gewusst, als ich meine Ausbildung begonnen habe. Damals dachte ich, als Florist nimmt man eine Handvoll Blumen und Gräser, bindet sie zusammen und das war's. Dass jede Blume ihre eigene Bedeutung hat, dass die Tulpe für Frische oder die Sonnenblume für Dankbarkeit steht - davon hatte ich keine Ahnung. Wichtig ist, dass man ein Gefühl für Farben besitzt. Denn durch Farben lassen sich die verschiedensten Stimmungen übermitteln. So verkörpern bunte Sträuße Freude, rote Sträuße Liebe und weiße Trauer. Welche Farben harmonieren und welche Kombinationen möglich sind, habe ich während meiner dreijährigen Ausbildung gelernt. Ich verstehe jetzt auch etwas von Pflanzenpflege und Pflanzenschutz. Mein Arbeitstag beginnt um neun Uhr morgens. Ich sehe nach den Schnittblumen, prüfe, ob sie noch frisch sind. Danach gieße ich die anderen Pflanzen, schneide sie zurecht, fülle die Erde in den Töpfen nach. Erst wenn das erledigt ist, kann ich mich um Bestellungen und Dekorationen kümmern. Am Tag binde ich rund 30 Sträuße. Für einen Strauß brauche ich fünf bis fünfzehn Minuten. Wenn ich um 18 Uhr nach Hause gehe, bin ich meist recht müde, denn die Arbeit ist doch sehr anstrengend. Als Florist muss man auch sonntags arbeiten, dafür hat man in der Woche einen anderen Tag frei. Das Schöne an meinem Beruf ist, dass man eigentlich nie auslernt. Ich merke, dass sich mein Stil in den letzten Jahren weiterentwickelt hat. Heute bin ich sehr viel schneller und kreativer als zu Beginn meiner Ausbildung. Ein guter Florist schafft es, jedem Strauß eine persönliche Note zu verleihen. Insofern ist Floristik eine sehr abwechslungsreiche Arbeit, die einen dazu zwingt, seine Technik immer weiter zu verfeinern. Das ist die eine Seite. Die andere ist die Betreuung von Kunden. Meine Chefin sagt, als Florist muss man mit Pflanzen und Menschen gleichermaßen umgehen können - das stimmt. Das Gespräch mit Kunden nimmt einen großen Teil meiner Arbeit ein. Ich gebe zu, dass das nicht immer einfach ist. Denn manche Leute haben einen so schlechten Geschmack, dass mir graust. Die wollen Sträuße voll mit Blumen, die überhaupt nicht zusammen passen. Das geht so weit, dass sie eine edle Lilie mit Sonnenblumen mischen. Da kann ich nur noch versuchen, das Beste daraus zu machen. Mein Traum wäre, irgendwann als Florist im Ausland zu arbeiten. Am liebsten würde ich in die Schweiz gehen, denn dort ist die Blume noch etwas wert. In Deutschland hingegen interessieren sich immer weniger Menschen für Blumen. Ich fürchte, Floristen sind in Deutschland bald Exoten."